What-if-Sportblog #04 Interview mit Alexander Root vom Naturzeit.Club

Bilder wie duftendes Gras, knuspriges Stockbrot oder Zeit im selbstgebauten Iglu prägten unsere Kindheit. Unsere Kinder möchten die Welt ebenfalls kennenlernen. Der Naturzeit.Club in Kooperation mit if e.V. ermöglicht deinen Kindern Naturerlebnisse in einer Gruppe. Lerne den Gründer des Naturzeit.Clubs Alex kennen - hier im Interview!

Alex, wie bist du zum Naturzeit.Club gekommen?

Ich habe an der Sporthochschule in Köln Sport studiert. Während des Studiums belegte ich verschiedene Kurse im Bereich Erlebnispädagogik sowie Ausbildungen. Während meines Studiums begann ich als freiberuflicher Erlebnispädagoge. Dies setzte ich nach dem Studium fort. Es bereitete mir großen Spaß! Bereits als Jugendlicher arbeitete ich mit Gruppen zusammen. Nach meinem Master kam dann die große Frage: Was macht mir am meisten Spaß? Und das war einfach: Draußen in der Natur mit Kindern arbeiten und ihnen die Natur näher bringen. So kam die Idee zum Naturzeit.Club, weil es relativ wenige Angebote gibt, die man in der Freizeit und in der Natur nutzen kann. Beispielsweise gibt es einen Waldkindergarten für kleine Kinder. Doch für ältere Kinder gibt es relativ wenig Angebote. Immer mal wieder gibt es Schulprojekte, die den Kindern Freude bringen. Aber außerhalb der Schule weniger. Die Idee zum Naturzeit.Club schließt diese Lücke.

Wie lange gibt es den Naturzeit.Club schon?

Noch nicht so lange: Seit Juli 2020.

Da haben wir mit dir direkt bei Gründung des Naturzeit.Clubs eine Kooperation geschlossen!

Richtig, seit den Herbstferien 2020 arbeiten wir mit if e.V. zusammen. In den Sommerferien 2020 lief es noch in Eigenregie und seit den Herbstferien haben wir mehrere Kooperationspartner. 

Schön dich dabei zu haben.

Danke, ich freue mich auch!

Was war deine eigene letzte Naturzeit? Ich habe gelesen, du warst auf dem Jakobsweg unterwegs, das finde ich spannend.

Ich war auf dem Jakobsweg unterwegs. Ich unternehme regelmäßig Wandertouren. Meine letzte Tour war letzte Woche. Ich war mit einem Kumpel im Siebengebirge wandern. Wir haben dann noch eine Nacht draußen verbracht.

Ach! So ein Mikroabenteuer?

Ja, genau!

Wow, ist nicht noch ein bisschen zu kalt oder geht das schon?

Mit einem guten Schlafsack geht das. Sonst wäre es zu kalt. Mit geeigneten Schlafsäcken ist einem auch bei Minusgraden warm.

Wow, das ist spannend. Das würde ich auch irgendwann mal gerne machen. Sehr schön.

Welche Methoden hast du so, um den Kindern die Natur näher zu bringen?

Es ist wichtig, den Kindern den richtigen Rahmen oder auch Raum zu geben. Heutzutage fällt es vielen Kindern schwer sich erstmal in der Natur zu beschäftigen. Sie wissen nicht was sie machen können und kennen es auch nicht. Zum Beispiel können wir den Kindern mit angeleiteten Spielen in Form eines Feriencamps einen Rahmen schaffen. Die Kinder sehen und bemerken dann, dass sie ohne Handy und ohne Bildschirm draußen mit anderen Kindern Spaß haben können. Umso mehr Spiele die Kinder kennlernen, desto kreativer werden sie. Eigentlich muss man lediglich Anfangsimpulse geben, seien es Teamspiele oder erlebnispädagogische Metaphern. Das ist alles gar nicht so wichtig, sondern es ist wichtig, den Anfangsimpuls zu geben: „Hey, hier kann man Spaß haben!“ Daraus entwickelt sich dann meistens eine Eigendynamik, dass die Kinder selbst Lust haben zu schnitzen, auf Bäumen zu klettern oder sobald ein Lagerfeuer brennt, wollen sie nichts anderes mehr als Feuerholz sammeln.

Hast du denn einen Impuls, der sehr gut bei den Kindern ankommt?

Ja, Feuer machen ohne Streichholz und ohne Feuerzeug kommt immer gut an, damit kann man einen kompletten Nachmittag füllen. Tipis bauen, Schnitzeljagd funktioniert auch immer sehr gut oder Wasser filtern mit Naturmaterial.

Mit dem Wasser filtern – das musst du mir mal erzählen, wie das geht – das macht neugierig auf mehr!

Was war dein bisher schönstes Erlebnis im Naturzeit.Club mit Kindern?

Ich hatte sehr viele schöne Erlebnisse mit den Kindern. Die schönsten sind immer die Feedbacks und die strahlenden Gesichter, wenn die Kids nach der Woche am liebsten dableiben würden und einfach einen Riesenspaß hatten. So ein Bild, was mir immer wieder durch den Kopf kommt, ist ein kleiner blonder Junge, der im Gesicht mit Asche beschmiert ist und die Hose des Jungen ist komplett dreckig. Er ist glücklich und versteckt sich hinter den Bäumen und sagt, dass er noch ein bisschen länger bleiben möchte. Das sind Momente, die mich erfüllen und Spaß machen.

Kannst du uns erklären, was das Naturdefizitsyndrom ist?

Dieser Begriff taucht immer mehr in der Wissenschaft auf. Er kommt ursprünglich aus den USA. Einfach übersetzt ist das Syndrom die Entfremdung der Natur, die aktuell auf immer mehr Menschen zutrifft. Der Begriff kommt in Bezug zu Kindern zustande. Die Zeit hat sich geändert. Unsere Eltern – und ich auch noch – waren früher den ganzen Tag draußen. Ich konnte mit meinen Freunden die Welt kennenlernen. Ich war nicht immer beaufsichtigt, sodass meine Freunde und ich sehr viel Zeit für uns hatten, wir konnten auf Bäumen klettern, in Bächen planschen oder Tiere beobachten. Dadurch haben wir uns motorisch weiterentwickelt, hatten Selbstsicherheit erfahren und kommunizieren gelernt. Heute sind viele nur noch vor den Bildschirmen. Oder Kinder haben, wie auch viele Erwachsene, Terminstress, das heißt, der ganze Tag ist durchgetaktet, man hetzt von Termin zu Termin. Das freie Spielen bleibt dabei auf der Strecke.

Freies Spielen zeichnet sich dadurch aus, dass Kinder Zeit allein verbringen und selbstständig Spiele in der Natur erleben?

Die Kreativität nimmt beim freien Spielen zu. Die Kinder nehmen Farbeindrücke wahr. Die Sinne werden geschärft – mehr als Zuhause vor dem Bildschirm. Viele Studien belegen auch, dass viel Zeit in der Natur die Schlafqualität der Kinder verbessert. Wenn man wenig Zeit draußen verbringt und mehr vor dem Bildschirm, dann erhöht das den Stresspegel, wir schlafen schlechter und die Konzentration lässt nach, was sich auch auf die Schulnoten einwirkt. Es geht mir aber mehr um die ganzheitliche Entwicklung der Kinder. Die Natur ist ein riesengroßer Lern- und Erfahrungsort, den wir nutzen können.

Vor allem jetzt in der Corona-Zeit sind wir Menschen leider mehr Zuhause, gehen vielleicht spazieren, jedoch kommen die Leute weniger auf die Idee draußen ein Spiel zu spielen oder ein Baumhaus zu bauen. Ich war damals mit meinem Bruder auch oft im Wald, wir sind direkt von Zuhause losgegangen und haben von morgens bis mittags draußen verbracht. Deswegen kann ich das was du erzählst nachempfinden.

Dann kommen wir zur nächsten Frage: Was können Kinder in der Natur - außer spazieren gehen -machen?

Machen kann man viel. Neben einem Spaziergang kannst du ein Picknick mit deinen Freunden machen, du kannst ein Tipi bauen, Tiere beobachten, auf Bäumen klettern oder ein Baumhaus bauen, wenn du möchtest. Da muss man eben schauen, wo das machbar ist. Du kannst auch, wenn es dich interessiert, verschiedene Pflanzen kennenlernen. Kinder wollen viel Toben und viel freies Spielen und dazu brauchst du eigentlich nur eine kleine Grünfläche und Mitspieler*innen. Wenn du keine Mitspieler*innen hast, dann beschäftigst du dich selbst z.B. einen Stock schnitzen oder du baust dir selbst ein Tipi und lädst dort deine Freunde ein. Im Endeffekt gibt es 1.000 Möglichkeiten!

Ja, man muss nur die richtigen Ideen haben. Dann ist ein Ferienprogramm eine das Mittel der Wahl, weil dann Anregungen entstehen, neue Sachen auszuprobieren, die man allein sonst nicht machen würde.

Hast du schon Rückmeldung vom letzten Ferienprogramm bekommen?

Das Feedback war bisher durchweg positiv, bis auf ein paar Kleinigkeiten. Der eine mochte z.B. das Essen nicht, der andere hat sich mit einem Kind nicht verstanden. Positives Feedback erhielt zum Beispiel das Lagerfeuer mit Stockbrot. Das war immer ein Riesenhighlight für die Kids. Die meisten kannten das vorher gar nicht. Feedback gab es dann vor allem von den Eltern wie z.B.: „Hey! Die Kids kommen abends so glücklich nach Hause, sind endlich mal erschöpft und schlafen die Nacht durch. Sie erzählen wohl den ganzen Tag vom Ferienprogramm, was ansonsten in der Ferienzeit weniger vorkommt. Dieses Feedback freut mich. Die Kinder sagen dann auch: „Das hat einfach Spaß gemacht! Eltern beschwerten sich mit einem Schmunzeln: „Toll! Jetzt müssen wir jedes Wochenende mit den Kindern raus und ein Lagerfeuer machen.“

Gibt es denn auch Sachen, die du jetzt anders machst als beim ersten Durchlauf?

Das Programm wandelt sich immer ein wenig und passt sich an die Gruppe an. Der grobe Prozess ist jetzt noch gleich, aber ich denke, dass sich das in Zukunft noch wandeln wird. Die Feriencamps werden in ähnlicher Form weitergeführt. Neu dazu kommt, dass es auch unter der Woche mal Naturzeiten gibt.

Gibt es noch etwas, was du den Lesenden des Interviews mitteilen möchtest?

Geht raus, habt Spaß, nehmt eure Kinder mit und schaut gerne mal bei uns vorbei!

Vielen lieben Dank für das Interview und wir freuen uns auf alle kommenden Kurse mit dir zusammen.

Ich freue mich auch, danke.

Mehr über Alex und den Naturzeit.Club findet ihr hier bei if sowie auch auf der Website des Naturzeit.Clubs!

Aktuell bietet der Naturzeit.Club eine digitale Schnitzeljagd an. Schaut da auch gerne mal rein.

 

Quelle: Text: Sonja Hoffmann, Foto: Naturzeit.Club